Überseehafen Bremerhaven als Modellgebiet für 100 Prozent regenerative Energieversorgung
Ziel des Projekts
bremenports als Managementgesellschaft der Hafeninfrastruktur hat sich bereits 2014 das Ziel gesetzt, die eigenen Hafenanlagen in Bremerhaven und Bremen bis 2023 CO2-neutral zu betreiben. Im Projekt SHARC wird in diesem Zusammenhang die energetische Landkarte des Überseehafens in Bremerhaven betrachtet.
SHARC ist ein englisches Akronym und steht für Smart Harbor-Application Renewable-Integration Concept, also ein Konzept für die intelligente Integration von erneuerbaren Energien in die Energieinfrastruktur des Hafens. Dazu soll in diesem Projekt ein Investitions- und Businessplan als Projektergebnis erarbeitet werden.
Projektgebiet
Wie in den meisten europäischen Häfen werden auch die bremischen Häfen nach dem sogenannten Landlord-Prinzip betrieben, d.h. die Betriebsflächen werden von der öffentlichen Hand an Unternehmen verpachtet, die dann in Eigenregie die operative Hafennutzung durchführen.
Die bremenports GmbH & Co. KG ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der Freien Hansestadt Bremen, die per Geschäftsbesorgungsvertrag die Hafeninfrastruktur der bremischen Häfen managt und weiter entwickelt.
Unter Infrastruktur sind hier vor allem die Kajen, Liegewannen, Brücken, Schleusen und kleinere Betriebsgebäude zu verstehen. Der eigentliche Betrieb der Umschlagsterminals wird hingegen von anderen eigenständigen privatwirtschaftlichen Unternehmen mit eigenem Equipment durchgeführt.
Das auf dem Luftbild dargestellte Überseehafengebiet zeigt die geographische Ausdehnung des Projektgebiets, welches das Containerterminal, das RoRo Terminal, die o.g. Infrastruktur, sowie diverse Kühl- und Lagerhäuser umfasst.
Projektpartner
SHARC hat sich als ein Ziel gesetzt, die Daten der größten Energieverbraucher zu erfassen. Auf diese Weise wird der Großteil des Gesamtenergiebedarfs im Überseehafen analysiert.
Das SHARC Projektkonsortium setzt sich zusammen aus bremenports (Projektleitung), Siemens, der Technischen Universität Berlin, dem Institut für Energie und Kreislaufwirtschaft an der Hochschule Bremen und dem Deutschen Forschungszentrum für künstliche Intelligenz. Per Unterauftrag sind die relevanten Terminalbetreiber im Überseehafen – Eurogate Container Terminal Bremerhaven und das BLG Autoterminal Bremerhaven eingebunden.
Somit sind die großen Verbraucher im Hafen im Container- und RoRo Bereich im Projekt beteiligt. Als weiterer entscheidender Unterauftragnehmer ist Eurogate Technical Services als lokaler Netzbetreiber und z.T. auch Energieversorger im Überseehafen in das Projekt eingebunden.
Im Verlauf des Projekts haben sich weitere Logistikunternehmen (Kühlhausbetreiber) gefunden – Kloosterboer BLG Coldstore und Heuer Port Logistics – die bereit waren, sich an dem Projekt zu beteiligen und ihre Energieverbrauchsdaten zur Verfügung gestellt haben.
SHARC – Analyse
Die Projektgruppe nimmt zum aktuellen Zeitpunkt sämtliche Energieverbrauchsdaten der beteiligten Akteure auf und analysiert diese. Dazu gehören nicht nur die Stromverbräuche, sondern auch Wärme, Kälte und Treibstoffe, hier primär Diesel.
Mit den Simulationsergebnissen sollen in Abstimmung mit allen Beteiligten Maßnahmen entwickelt werden, mit denen sich Verbesserungen mit Blick auf den Einsatz von erneuerbarer Energie erreichen lassen und in einem Investitions- und Businessplan zusammengefasst werden. Diese Maßnahmen sollen dann in einem Folgeprojekt ab voraussichtlich 2021 auch umgesetzt werden.
SHARC – Simulation
Auf Basis der erhobenen Energieverbrauchsdaten aus dem Basisjahr 2018 ist das folgende Energieflussbild entstanden. Das dargestellte Diagramm zeigt sehr eindrücklich die verwendeten Energieträger für die jeweiligen Sektoren im Hafen, sowie die daraus resultierenden CO2 Emissionen.
Aufbauend auf den Ergebnissen der Datenaufbereitung und der Einbettung in den Kontext der Begleitforschung wurde im Projektkonsortium ein Szenario-Rahmen entworfen, der die aktuellen und zukünftigen technologischen Entwicklungen berücksichtigt und die Erstellung eines optimierten Energiekonzepts vorbereitet. Auf dieser Datenbasis wurden in 2020/2021 Simulationen durchgeführt.
Wichtiges Ziel der Entwicklung der Simulationsszenarien war es, die aktuellen und zukünftigen gesellschaftlichen Trends sowie politischen Vorgaben aufzugreifen und in relevante mögliche Entwicklungspfade des Hafens zu überführen. Für die Erstellung dieses Szenario-Frameworks wurden drei grundlegende, unterschiedliche Entwicklungswege untersucht, die als eigene „Welten“ jeweils auf der hauptsächlichen Verwendung nur eines Energieträgers bzw. einer Energieträgergruppe basieren und nach diesen benannt werden. Dies sind im Einzelnen: Die direktelektrische Welt (EL), die Wasserstoff-Welt (H2) und die Synthetische-Kraftstoffe-Welt (PtX). Diese Extrem-Welten stehen sich in ihrer Ausprägung hinsichtlich Technologieeinsatz und Ressourcenverwendung konträr gegenüber und bilden darüber die Ecken eines gedachten Dreiecks (Abbildung).
Ziel dieses Vorgehens war es, das Energiesystem des Hafens zunächst unter den eindeutig gegeneinander abgrenzbaren Rahmenbedingungen dieser Extremwelten zu berechnen und daraus Erkenntnisse für die Erstellung von Mischszenarien zu gewinnen. Im Anschluss wurde in enger Absprache mit den betroffenen Stakeholdern vor Ort eine Reihe von Vorzugsvarianten erstellt und aus diesen dann schlussendlich ein abgestimmtes Vorzugsszenario abgeleitet.
SHARC - Ergebnisse
Folgende Erkenntnisse werden als wesentlich zur Erreichung eines CO2-neutralen Hafenquartiers betrachtet:
- Den größten Anteil am derzeitigen Energieverbrauch und damit den lokalen Emissionen im Quartier haben die Treibstoffe für die Logistikfahrzeuge, wovon wiederum die Portalhubwagen (Van Carrier) den größten Anteil haben.
- Eine Beibehaltung des Status-Quo (Business-as-usual) wird unter den sich ändernden Rahmenbedingungen teuer, daher:
- Investitionsstau vermeiden und zeitnah aktiv werden.
- Eine Dekarbonisierung auf Null (inklusive der Vorketten) ist nur unter Einbeziehung von (bilanziellem) Regio-Biogas, produziert aus Wirtschaftsdünger, möglich.
- Die Höhe des CO2-Preises spielt für die Restemissionen eine untergeordnete Rolle, sofern zuvor ausreichend dekarbonisiert wird (< 1%).
- Für den Mobilitätsbereich wurden, ausgeleitet aus Arbeiten der Begleitforschung, drei Extremwelten berechnet: Vollelektrische-Welt, Wasserstoff-Welt und Synthetische-Kraftstoff-Welt. In der Realität wird ein Synthese-Szenario zum Tragen kommen: Primär die „elektrische Welt“ und H2 wird dort eingesetzt werden, wo es (aus technischen oder betrieblichen Gründen) nicht anders möglich ist.
- Das Vorzugsszenario, sowie die erarbeiteten Modelle auf Quartiersebene müssen für eine Umsetzung noch im Detail heruntergebrochen werden und auf betriebliche Umsetzbarkeit geprüft werden.
PROJEKTSTRUKTUR
PROJEKTPARTNER
Die bremenports GmbH & Co. KG ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Freien Hansestadt Bremen und per Geschäftsbesorgungsvertrag ist die bremenports für die Verwaltung und Weiterentwicklung der öffentlichen Hafeninfrastruktur in Bremen und Bremerhaven zuständig.
Für diese Aufgaben stehen ca. 400 Mitarbeiter zur Verfügung, damit der Hafen rund um die Uhr, Tag für Tag funktioniert.
Mit der standortbezogenen Nachhaltigkeitsstrategie unter der Marke „greenports“ verfolgt das bremische Hafenmanagement seit 2009 die integrierte Betrachtung ökologischer, sozialer und ökonomischer Aspekte.
Im Projekt SHARC hat die bremenports GmbH & Co. KG die Projektleitung übernommen und ist somit verantwortlich für die inhaltlichen Projektziele die übergeordnete Koordinations- und Planungstätigkeiten.
Die bremenports-Projektziele sind im Wesentlichen deckungsgleich mit dem Gesamtziel des Projektes; speziell für das Hafenquartier „Überseehafen“ in Bremerhaven ist eine Integration erneuerbarer Energiequellen im Bereich von Hafeninfra- und suprastruktur, sowie die logistischen Betriebsprozesse für verschiedene Zukunftsszenarien zu organisieren und konkrete Umsetzungsmaßnahmen vorzubereiten.
Kontakt Projektleitung
Sabine Müller
bremenports GmbH & Co. KG
– Umwelt & Nachhaltigkeit –
Energiemanagementbeauftragte
Am Strom 2
27568 Bremerhaven
Tel.: 0471 309 01-145
Fax: 0471 309 01-532
Das Institut für Energie und Kreislaufwirtschaft an der Hochschule Bremen GmbH (IEKrW) wurde im Jahr 2000 gegründet und ist ein Beispiel für public-private-partnership im Bereich der angewandten Forschung und Entwicklung. Als KMU dient es als Transfer-Stelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft.
Ziel des Instituts ist es, ökologisch und ökonomisch sinnvolle Lösungskonzepte für konkrete Fragen der Kreislaufwirtschaft und des Umweltschutzes zu entwickeln. Die vornehmliche Aufgabe des Instituts ist die Entwicklung von Verfahren und Konzepten zur Verwertung und Kreislaufführung von Stoffen, der effizienteren Nutzung von Rohstoffen, die Reinigung von Wässern, Schlämmen, Feststoffen und Abluft sowie Untersuchungen der damit verbundenen Märkte.
Im Rahmen des Projektes befasst sich das IEKrW u.a. mit der Identifikation und Erfassung betrieblicher Prozesse mit Relevanz zum Energieverbrauch, der Umweltbewertung, der methodischen Auswertung von Simulationsergebnissen sowie der Entwicklung von Businessmodellen.
Kontakt
Institut für Energie und Kreislaufwirtschaft
an der Hochschule Bremen GmbH
Neustadtswall 30
28199 Bremen
GERMANY
Tel.: 0421 5905-2326
office-iekrw@hs-bremen.de
www.iekrw.de
Prof. Dr. Martin Wittmaier
Tel.: 0421 5905-2326
wittmaier-office@hs-bremen.de
Dipl.-Geoökol. Sebastian Wolff
Tel.: 0421 5905-2430
sebastian.wolff@hs-bremen.de
Dipl.-Ing. (FH) Marco Wöltje BSc (Hons.)
Tel.: 0421 5905-2420
E-Mail: mwoeltje@hs-bremen.de
Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) GmbH wurde 1988 als gemeinnützige private Forschungseinrichtung gegründet. Das DFKI unterhält Standorte in Kaiserslautern, Saarbrücken, Bremen, Osnabrück, so wie ein Projektbüro in Berlin. Mit insgesamt mehr als 1000 Mitarbeitern und Studenten ist das DFKI ist auf dem Gebiet innovativer Softwaretechnologien auf der Basis von Methoden der Künstlichen Intelligenz heute eine der führendenden wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen Deutschlands.
In Bremen arbeitet seit 2006 ein interdisziplinäres Team von bis zu 100 Wissenschaftlern und zahlreichen Studenten am DFKI Robotics Innovation Center (RIC). Neben Robotik und künstlicher Intelligenz befasst sich das DFKI RIC auch mit Themen wie Elektromobilität und Smart Energy Systems. Hier wurden in den letzten Jahren Konzepte und Systeme für ein intelligentes dezentrales Lastenmanagement entwickelt, das im SHARC Projekt für ein nachhaltiges Energiemanagement in Hafengebieten erprobt werden soll.
Kontakt
Thomas Vögele
Tel.: 0421 17845-4130
thomas.voegele@dfki.de
Kontakt
Dr. Martin Kautz
Tel.: 09131-17-37087
martin.kautz@siemens.com
Die Technische Universität Berlin zählt mit ihren ca. 33 500 Studierenden, zirka 100 Studienangeboten und 40 Instituten zu den großen, international renommierten und traditionsreichen technischen Universitäten in Deutschland. Das Fachgebiet für Energieversorgungsnetze und Integration Erneuerbarer Energien (SENSE, Sustainable Electric Networks and Sources of Energy) unterstützt die notwendige Umgestaltung des Energiesektors durch anwendungsorientierte Forschung und Bündelung kompetenzübergreifender Ressourcen sowohl auf technischer als auch ökonomischer Ebene.
Im Mittelpunkt der Forschung bei SENSE steht die Modellbildung zukunftsweisender Konzepte der Energieversorgung, die sich durch Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und Robustheit auszeichnen.
Die TU Berlin erstellt im SHARC-Projekt Module zu hafenspezifischen Systemkomponenten und Umweltdaten (multikriterielle Optimierung), integriert diese in ein bestehendes Werkzeug zur optimierten Planung und Betrieb von sektor-gekoppelten Energiesystemen und berechnet auf dieser Basis die optimalen Energiekonzept-Varianten der verschiedenen Entwicklungsszenarien.
Die im Projekt gewonnenen Erkenntnisse werden unter anderem dazu eingesetzt, das SENSE Smart Grid Labor um Funktionalitäten zu erweitern, unter besonderer Berücksichtigung von Verbraucherlasten mit Verschiebungspotential und prozessintegrierten virtuellen Speichern.
Kontakt
Technische Universität Berlin
– Fak. IV | Institut für Energie- und Automatisierungstechnik –
Energieversorgungsnetze und Integration Erneuerbarer Energien (SENSE)
Einsteinufer 11 (EMH-1)
10587 Berlin
GERMANY
www.sense.tu-berlin.de
Christian Wiezorek
Tel.: 030 314-75814
christian.wiezorek@tu-berlin.de